Langsam setzt sich das Puzzle zusammen. Die Vermutung, dass etwas nicht stimmt, wird bestätigt. Durch die Diagnose Demenz bekommt das ungewöhnliche Verhalten einen Namen. Ab jetzt können die Personen mit Demenz und ihr Umfeld sich nach und nach auf die neue Situation einstellen.
Eine Aufgabe, die keine Selbstverständlichkeit ist.
Eine Demenz zu diagnostizieren, ist sehr komplex. Hausärzte sind sich bewusst, dass Senioren eine Risikogruppe für das Entwickeln einer Demenz darstellen und in einer anfälligen Balance leben.
Wenn ein Arzt Demenz diagnostiziert, dann geschieht dies auf Basis gezielter Beobachtungen, durch Berichte aus dem Umfeld und spezielle Untersuchungen. Die Diagnose Demenz erfolgt anhand klinischer Erkenntnisse, wobei ein Einblick in den Krankheitsverlauf anhand sorgfältig erfasster Berichte des Patienten und seiner Familie entscheidend ist.
Neurologische, neuropsychologische und psychiatrische Untersuchungen sind erforderlich, um die Diagnose stellen zu können.
Der Umgang mit Demen … kein Patentrezept
1. Was, wenn sich die Person mit Demenz die Diagnose des Arztes nicht merken kann?
2. Was, wenn das Umfeld nicht weiß, wie es sich gegenüber der Person mit Demenz verhalten soll?
3. Was, wenn ich ihm/ihr nichts mehr recht machen kann?
4. Was, wenn er/sie mir Dinge vorwirft, die ich nicht getan habe?
5. Endlich Gewissheit: Demenz. Was jetzt?
„Der Arzt teilte uns nach gründlicher Untersuchung die Diagnose mit: Demenz vom Typ Alzheimer. Meine Frau fragt regelmäßig, was der Arzt genau gesagt habe. Ich traue mich aber nicht, zu Hause mit ihr darüber zu sprechen. Wenn sie die wirkliche Bedeutung ihrer Krankheit verstehen würde, wäre das eine Tragödie.“
Die Diagnose „Demenz“ ist hart, sowohl für den Patienten als auch für sein Umfeld. Man kann wirklich von einer Tragödie sprechen.
Die Krankheit anzusprechen, macht die Tragödie allerdings etwas erträglicher. Ehrlichkeit kann schmerzhaft sein, aber sie stärkt auch das gegenseitige Vertrauen. So können die Beteiligten eine Reihe von Vereinbarungen treffen, Gefühle zum Ausdruck bringen oder Pläne für die Zukunft machen.
Wenn man über die Krankheit spricht, kann man sie besser einordnen: Eine Diagnose ist noch nicht das Ende. Es kann noch eine ganze Zeit voller sinnvoller und schöner Momente folgen.
„Seit der Arzt bei meinem Mann Demenz festgestellt hat, verhalten sich alle seltsam: Nachbarn und Familienmitglieder sprechen über ihn, als ob er nichts mehr verstehen würde – und das, während er daneben sitzt. Ich merke, dass ihn das sehr traurig macht.“
Viele Menschen verstehen nicht, wie man am besten mit Menschen mit Demenz umgeht. Sie meinen es nicht böse, verhalten sich aber bevormundend. Wir müssen nicht nur selbst durch Erfahrung lernen, wie wir am besten mit unseren Lieben umgehen, wir müssen auch das Umfeld quasi neu erziehen.
Zeigen Sie dem Umfeld deshalb, wie es anders geht. Beziehen Sie Ihren Mann immer wieder in das Gespräch ein. Geben Sie die von Ihrem Mann gestellten Fragen an andere weiter. Fragen Sie ihn nach seiner Meinung und hören Sie ihm zu. So halten Sie das Gespräch offen und andere werden ihn auch wieder ansprechen.
„Ich mache nichts mehr richtig. Was ich auch mache, meine Mutter ist immer wütend auf mich.”
Vor allem in der Anfangsphase der Demenz tritt Wut und aggressives Verhalten häufig auf. Personen mit Demenz spüren, dass sie die Kontrolle über ihr Leben verlieren und dass sich ihr Zustand verschlechtert. Sie haben Angst vor dem, was mit ihnen passiert und was noch kommen wird.
Die Wut ist also eine Art emotionale Reaktion auf das Erleben ihres geistigen Abbaus. Das erklärt auch, warum Personen mit Demenz ganz schnell unheimlich wütend werden, oft auch in unerwarteten Augenblicken. Der Anlass ist meistens eine Nichtigkeit: eine Äußerung, eine gut gemeinte Bemerkung, eine Handlung des Pflegers, …
Sie müssen diese Ausbrüche nicht sofort eindämmen. Geben Sie dem Menschen mit Demenz Zeit, seine Wut herauszulassen. Sich auf Diskussionen einzulassen und Druckmittel wie „Wenn du jetzt nicht still bist, kommst du ins Altenheim!“ zu verwenden, verringern das Vertrauen.
Versuchen Sie aber herauszufinden, warum die Person mit Demenz wütend ist. Manchmal ist der Grund für die Wut Traurigkeit, Angst oder Unsicherheit aufgrund der zunehmenden Unfähigkeit. Personen mit beginnender Demenz können z. B. wütend und aggressiv werden
- wenn man sie etwas machen lässt, was sie nicht mehr können
- wenn man ihnen etwas verbietet, wovon sie denken, dass sie es noch schaffen können.
Auch Scham während der Pflege kann eine Ursache für aggressives Verhalten sein.Setzen Sie sich in einer solchen Situation ganz ruhig zu dem Menschen mit Demenz und sagen Sie ihr, dass Sie ihre Wut gut nachvollziehen können und dass Sie in der gleichen Situation auch böse oder traurig wären. Hören Sie der Person zu und versuchen Sie das Problem anzusprechen.
„Mein Partner schikaniert mich permanent und wirft mir Dinge vor, die ich nicht getan habe.”
Sehr schmerzhaft und frustrierend für das unmittelbare Umfeld ist das Misstrauen, der Menschen mit Demenz. Misstrauen ist eine Folge des schwindenden Gedächtnisses.
Man hat beispielsweise vergessen, wohin man etwas gelegt hat und findet es nicht mehr. In diesem Moment schleicht sich der Gedanke an Diebstahl ein. So schützt die Person mit Demenz das eigene Selbstwertgefühl: Nicht er/sie hat das vergessen, sondern jemand anderes hat es weggenommen! Misstrauen kann auch die Folge des bedrohlichen Gefühls sein, dass man die Kontrolle über sein Leben verliert.
Sie müssen verstehen, dass eine Person mit Demenz Sie nicht beschuldigt, um Sie zu verdächtigen oder Sie zu schikanieren. Die Verdächtigungen sind eine Art, ihrem Zweifel, ihrem Gefühl von Ohnmacht und Bedrohung zum Ausdruck zu bringen. Versuchen Sie, sich die Beschuldigung aufmerksam anzuhören und darüber nachzudenken, um die Hintergründe und Beweggründe zu ermitteln. Wenn man dem Menschen mit Demenz das Suchen der „gestohlenen“ Gegenstände verbietet, wird er/sie nur noch unruhiger.
Es kann hilfreich sein, gemeinsam nach den Dingen zu suchen. Es kann auch helfen, das Gefühl von Zweifel und Ohnmacht anzuerkennen, indem Sie die Person direkt darauf ansprechen: „Ich merke, dass du dich nicht sicher fühlst. Du hast das Gefühl, dass du bestohlen wirst …“
Schwerhörigkeit kann ebenfalls ein Grund für Misstrauen sein. Situationen oder Gespräche werden falsch interpretiert, weil man sie nur zur Hälfte versteht. Eine regelmäßige Kontrolle des Gehörs wird empfohlen. Flüstern oder hinter dem Rücken einer Person mit Demenz sprechen ist häufig der Anlass für Misstrauen.
„Die Diagnose für das seltsame Verhalten meines Vaters steht fest: Demenz. Ich weiß nicht, was jetzt auf mich zukommt. Aber ich weiß ganz genau, dass wir diese Herausforderung gemeinsam angehen werden. So sind wir eben. Ich werde meinen Vater täglich eine Reihe von Übungen machen lassen, seinen Geist anregen und somit vermeiden, dass die Diagnose Demenzunser Leben beherrscht.“
Es ist gut, positiv zu denken. Was Sie erwartet, lässt sich nicht mit Sicherheit vorhersagen. Tatsache ist aber, dass Demenz ein unumkehrbarer Prozess ist. Sie werden also nach und nach mit Verlust konfrontiert werden.
Diesen Verlust können Sie in der Anfangsphase tatsächlich dadurch eingrenzen, indem Sie die noch vorhandenen Fähigkeiten nutzen. Beziehen Sie Ihren Vater in alles ein, was sich in seinem Umfeld abspielt, laden Sie Angehörige ein, gehen Siemit ihm einkaufen, lassen Sie ihn die Zeitung lesen, … Geben Sie ihm die Möglichkeit, in seinem eigenen Tempo eine Reihe von Aufgaben zu erledigen.
Sie müssen aber auch verstehen, dass diesen „Übungen“ eine Grenze gesetzt ist. Ab einem gewissen Moment werden Dinge nicht mehr funktionieren und dann ist es gut, dies zu akzeptieren. Sie werden diese Dinge allmählich und möglichst ohne Konfrontation übernehmen müssen. Das gibt dem Patienten ein Gefühl von Sicherheit: „Wenn ich nicht mehr kann, wird für mich gesorgt.“
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1. Die Diagnose mitteilen ist wichtig
3. Kann Demenz behandelt werden?
1. Die Diagnose mitteilen ist wichtig
Muss er/sie von der Diagnose erfahren?
Wie teilt man einer Person mit Demenz die Diagnose mit?
Sowohl die Person mit Demenz als auch ihr Umfeld werden von der Diagnose wie von einem Blitzschlag getroffen. Sie löst sehr viele Gefühle aus: Zweifel, Angst, gefolgt von schmerzhafter Gewissheit. Welche Rolle spielt der Arzt in dieser Phase des weiteren Vorgehens und welche Haltungmuss er einnehmen?
Die Diagnose kommt nie unerwartet. „Menschen mit Alzheimer kommen oft auf Bitte ihrer Familie zu einem Termin. In den meisten Fällen verstehen sie den Ernst ihrer Beschwerden nicht und haben die Neigung, diese zu bagatellisieren“, so Prof. Thierry Pepersack, Leiter der Abteilung Geriatrie desErasmus-Krankenhauses. Wenn auf Basis verschiedener Untersuchungen die definitive Diagnose feststeht, sind die Angehörigen der Person mit Demenz selten überrascht. „Die Öffentlichkeit ist heute gut informiert und das Mitteilen der Krankheit wird meistens als eine Bestätigung dessen empfunden, was man schon wusste.“
Diagnose nicht vor dem Patienten verheimlichen
Häufig vermutet das nähere Umfeld die Ursache schon und will die Diagnose anstelle des Patienten hören. Sie haben dabei nicht immer die Absicht, ihm davon zu erzählen, meistens weil sie ihn emotional nicht aus dem Gleichgewicht bringen wollen. „Diese Art des Vorgehens kann sehr negative Folgen haben“, warnt Thierry Pepersack. „So erfährt der Patient später vielleicht zufällig die Wahrheit, beispielsweise durch das Lesen von Beipackzetteln von Medikamenten. Wenn er die Diagnose so erfährt, kann dies zu einer Panikattacke und zu einem Vertrauensbruch mit seinem Umfeld führen.“
Es ist zweifellos die beste Lösung, dem Patienten gegenüber mit offenen Karten zu spielen. „Der Hausarzt eignet sich dazu in der Regel am besten, denn er kann die Formulierung am einfachsten an die Situation und den Charakter der Person mit Demenz anpassen“, meint Thierry Pepersack. Direkt, vorsichtig oder Schritt für Schritt: Die Mitteilung der Diagnose ist für den Mensch mit Demenz auf jeden Fall eine entscheidende Phase beim weiteren Vorgehen.
Die Person mit Demenz selbst über ihre Behandlung entscheiden lassen
Während dieses Gesprächs kann der Arzt dem Menschen mit Demenz helfen, über seineBehandlung zu entscheiden. Nachdem die normale Reaktion von Auflehnung und Mutlosigkeit vorbei ist, kann der Betroffenegemeinsam mit dem Arzt Ziele festlegen, u. a. für seineBetreuung. „Dieser Moment kann für den Menschen mit Demenz die Gelegenheit sein, Anweisungen für den Fall, dass ernicht mehr kommunizieren kann, festzuhalten“, fährt Thierry Pepersack fort. Der Arzt kann ihmauch Selbsthilfe- und Hilfsorganisationen empfehlen.
Bei Unverständnis:Schritt für Schritt vorgehen
In einigen Fällen scheinen die Folgen der schlechten Nachricht nicht zum Menschen mit Demenz durchzudringen, weil ersich in einer Leugnungsphase befindet oder die Krankheit bereits fortgeschritten und die Fähigkeit, Sachverhalte zu verstehen,beeinträchtigt ist. In diesem Fall muss die Nachricht schrittweise übermittelt werden; es kommt dabei vor allem darauf an, den Menschen mit Demenz langfristig und zielorientiertzu begleiten.
Jonathan Barbier – Quelle: www.info-alzheimer.be
Warum ist es wichtig, die Diagnose so schnell wie möglich zu kennen?
Die Bedeutung einer rechtzeitigen Diagnose
Es gibt Gründe genug, die richtige Diagnose zu stellen, nicht aufzuschieben. Eine rechtzeitige Diagnose ist vor allem wichtig, um Irrtümer zu vermeiden.
Zunächst einmal ist es das Alter an sich. Jeder wird mit den Jahren körperlich und geistig schwächer, langsamer, verletzlicher. Häufige Vergesslichkeit ist nicht unbedingt der Beweis für eine Demenz.
Schwerhörigkeit kann z. B. den Eindruck erwecken, dass jemand vergesslich ist. Tatsächlich hört die betroffenePerson die Mitteilungen nicht oder nur unzureichend. Nach Behandlung der Hörstörung erscheint die Person weniger vergesslich.
Außerdem ist dies eine Lebensphase, in der man vieles verkraften muss: Tod von Partner oder Freunden, Rente, unfreiwilliger Umzug, … Das führt manchmal zu depressiven Zuständen, die einer beginnenden Demenz sehr ähnlich sind.
Auch körperliche Krankheiten wie schwere Atemwegsinfektionen, Diabetes, Schilddrüsenstörungen oder der Mangel an bestimmten Vitaminen könnendie Funktion des Gedächtnisses beeinträchtigen.Zu wissen, was los ist, hilft dabei, in jedem Stadium der Krankheit die richtige Pflege und Unterstützung einzuplanen.
Auch für das Umfeld eines Menschen mit Demenz ist eine frühzeitige Diagnose wichtig. So kann sie schneller die richtige Haltung einnehmen und den Menschen mit Demenz mit der richtigen Pflege umsorgen. Eine Diagnosestellung kann demzufolge viele Probleme und Missverständnisse vermeiden.
An wen können Sie sich für eine Diagnose wenden?
Der Hausarzt ist die ideale Person. In den meisten Fällen kennt er den Lebenslauf des Patienten. Sie sagen also am besten, dass Sie sich Sorgen machen und bitten um seinenRat.
Der Arzt führt ein Gespräch mit der betroffenen Person und mit deren Partner und/oder Familie. Außerdem werden umfangreiche körperliche Untersuchungen und einige Gedächtnistests durchgeführt. Häufig holt der Arzt den Rat eines Kollegen ein oder überweist an einen Spezialisten. Durch Beobachtung und spezielle Untersuchungen kann Demenz von anderen Krankheitsbildern unterschieden werden.
Für eine Diagnose kann man sich auch an eine spezialisierte Gedächtnisklinik oder eine geriatrische Tagesklinik wenden, in der verschiedene Spezialisten für Demenz zusammenarbeiten. So liegen die Ergebnisse der Untersuchungen manchmal schon nach einem Tag vor.
3. Kann Demenz behandelt werden?
Kann Demenz behandelt werden?
Demenz ist unumkehrbar und demzufolge nicht heilbar. Dank neuer Medikamente, die das Ausschütten eines wichtigen Botenstoffs im Gehirn erhöhen, kann man die Uhr in gewissem Sinne eine Zeit lang anhalten.
Tatsächlich verläuft die Krankheit im Gehirn weiter, aber das Zusammenspiel der Nervenzellen wird derart stimuliert, dass mittlerweile einige Monate bis sogar rund ein Jahr lang keine Funktionsverluste feststellbar sind. Dadurch können die Krankheitssymptome verzögert und die Lebensqualität erheblich optimiert werden.
Eine zweite Art von Medikamenten kann bei Verhaltensproblemen, Schlaflosigkeit, Angst, Depression … helfen. Sie wirken nicht auf die geistige Funktion ein, helfen aber dabei, übermäßige Aggressivität einzudämmen, Unruhe und Umherirren zu lindern, den Tages- und Nachtrhythmus wieder zu regulieren … Damit wird das Leben nicht nur für den Menschen mit Demenz, sondern auch für die Mitbewohner viel lebenswerter.
Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, welche Medikamente nötig sind.
Bei Demenz ist die psychosoziale Betreuung des Menschen mit Demenz sehr wichtig. Diese Betreuung versucht, die noch vorhandenen Fähigkeiten des Menschen mit Demenz so weit wie möglich zu stimulieren: Körperbewegung fördern, die geistigen Fähigkeiten üben, auf Pflege des Äußeren achten, zu sozialen Kontakten ermuntern, die Umgebung übersichtlich gestalten, für feste Zeiteinteilung und Regelmäßigkeit sorgen, angemesseneHilfsmittel für Mahlzeiten und Pflegeeinplanen …
Die Aufgabe liegt darin, fortwährend nach der richtigen Balance zwischen Stimulieren und Akzeptieren zu suchen.Akzeptieren, dass bestimmte Fertigkeiten verloren gehen, Akzeptieren, dass die Erlebniswelt von Menschenmit Demenz anders ist als unsere Realität.
Die Kommunikation mit Menschen mit Demenz aufrecht zu halten, ist eine Aufgabe, die spezielle Kenntnisse erfordert. Denn Menschen mit Demenz verlieren die Fähigkeit, über Sprache zu kommunizieren.
Um die Kommunikation aufrecht zu erhalten, müssen wir lernen, auf die Gefühle und die Wahrnehmung der Person mit Demenz einzugehen. Dabei ist es wichtig, auf die Körpersprache zu achten.
Personen mit Demenz „erleben“ Ereignisse aus der Vergangenheit noch einmal. In diesen Momenten hat es keinen Sinn, sie zu korrigieren, sie in die Realität zurückzuholen. Ihre Wahrheit ist „die“ Wahrheit. Für einen funktionierenden Kontakt müssen wir uns in ihre Realität hineinversetzen, nicht in die konkreten Tatsachen, sondern in ihreGefühle.
Aber nicht nur psychosoziale Betreuung ist sehr wichtig. Allgemein betrachtet muss man bei Menschenmit Demenz fortwährend nach Wegen für Kontakte und Kommunikation suchen, um eine drohende Isolationzu vermeiden.
Welche Ursache hat Demenz?
Es gibt nicht EINE bestimmte Ursache
Demenz ist ein Syndrom. Das heißt, dass es für eine Gruppe von Krankheiten steht, die alle ähnliche Symptome, aber nicht die gleiche Ursache haben. Alle Formen von Demenz haben jedoch als gemeinsames Merkmal, dass sich die Funktion des Gehirns verschlechtert.
Alzheimer-Krankheit
Bei Demenz vom Typ Alzheimer stirbt das Hirngewebe deutlich ab. Die Zwischenräume zwischen den Hirnwindungen werden breiter und die Hohlräume im Gehirn werden größer. Diesen Prozess nennt man „Atrophie“.
Unter dem Mikroskop wird deutlich, dass in den Nervenzellen ein Gewirr („Tangles“) aus drahtförmigen Proteinen entsteht. Außerdem sieht man zwischen den Nervenzellen an bestimmten Stellen abnorme Anhäufungen („Plaques“) eines bestimmten Proteins („Amyloid“).
In unserem Nervensystem erfolgt die Übertragung von Information, indem chemische Stoffe (Neurotransmitter) von einer Nervenzelle zur anderen weitergeleitet werden. Aber durch Veränderungen der Struktur und der Funktion des Gehirns arbeiten viele Systeme für die Informationsweiterleitung nicht mehr richtig. Dadurch wird die Kommunikation der Nervenzellen erschwert oder sogar komplett unterbrochen.
Dies hat natürlich Auswirkungen auf unsere Funktionsfähigkeit. Die Alzheimer-Krankheit ist die am häufigsten vorkommende Form von Demenz und liegt in rund 65 % aller Fälle von Demenz vor.
Vaskuläre oder Multi-Infarkt-Demenz
Dies ist die zweithäufigste Form von Demenz. Bei dieser Form von Demenz sterben Bereiche mit Nervenzellen ab, weil sie temporär oder definitiv nicht mehr mit Blut versorgt werden. Es kann sich um kleine Hirninfarkte (Verstopfung von Blutgefäß(en)), einen einzigen Hirninfarkt oder eine Hirnblutung (gerissenes Blutgefäß) handeln.
Da es sich bei einem Hirninfarkt oder einer Hirnblutung meist um ein plötzliches Ereignis handelt, treten die Symptome der Demenz ebenfalls plötzlich auf und die Verschlechterung ist eher sprunghaft. Die Symptome sind häufig vom Bereich des Gehirns abhängig, in dem der Hirninfarkt oder die Hirnblutung aufgetreten ist. Diese Form von Demenz liegt in 10 bis 25 % der Fälle vor.
AndereFormen von Demenz
Weitere 10 bis 15 % der Fälle werden einer Kombination aus Alzheimer-Krankheit und vaskulärer Demenz zugeschrieben. Es gibt darüber hinaus eine Restgruppe mit rund 100 Krankheitsbildern. Hierzu zählen die frontotemporale Demenz, Lewy-Body-Demenz, Demenz in Folge von Parkinson, Demenz in Folge von Multipler Sklerose, Demenz in Folge von AIDS, Demenz in Folge der Huntington-Krankheit usw.
Eine genaue Diagnose ist wichtig, da jede Form von Demenz sich auf spezifische Art äußert. Bei Menschen mit einer frontotemporalen Demenz stellt man z. B. zunächst Verhaltensänderungenfest, während die Orientierungsfähigkeit relativ lange intakt bleibt. Bei Menschen mit einer Lewy-Body-Demenz sind Halluzinationen und Wahnvorstellungen stärker ausgeprägt.
Die verschiedenen Formen von Demenz erfordern daher auch eine eigene,spezielle Form der Behandlung und des Umgangs.
Junge Menschen mit Demenz
Obwohl Demenz in der Regel als Altersleiden erachtet wird, kann sie auch bei jungen Menschen auftreten. Wir sprechen von junger Demenz, wenn sich die Krankheitsanzeichen vor dem 65. Lebensjahr bemerkbar machen.
Den selteneren Formen von Demenz, z. B. frontotemporaler Demenz, begegnet man häufiger bei jüngeren als bei älteren Menschen. Manchmal dauert es lange, bis diese Menschen die richtige Diagnose bekommen. Bei jungen Menschen denkt man zunächst nicht an Demenz und es wird länger nach psychiatrischen Krankheitsbildern gesucht.
Allerdings ist auch hier eine schnelle und richtige Diagnose wichtig. Diese Menschen sind oft berufsunfähig. Ohne Diagnose führt ihre gestörte Leistungsfähigkeit im Umfeld zu großem Unverständnis mit dramatischen Folgen wie Entlassung und Ehescheidung.
Ist eine medikamentöse Behandlung möglich und werden diese Arzneimittel zurückerstattet?
Eine Person mit der Diagnose Alzheimer-Krankheit kann für die Rückerstattung spezifischer Arzneimittel(„Cholinesterase-Hemmer“ oder „NMDA-Rezeptor-Antagonist“) gemäß nachfolgend beschriebenem Verfahren infragekommen.
Die in Belgien verfügbaren Cholinesterase-Hemmer sind Donepezil, Galantamin und Rivastigmin. Alle drei werden für die leichte bis mäßig schwere Form der Alzheimer-Krankheit empfohlen.
Für die mäßig schwere bis schwere Form der Alzheimer-Krankheit ist der „NMDA-Rezeptor-Antagonist“ Memantin verfügbar.
a. Diagnose und zusätzliche Untersuchungen
Die Behandlung kann nur nach einer Bestätigung durch einen Spezialisten beginnen: Neurologe, internistischer Geriater, Neuropsychiater oder Psychiater.
Diese Ärzte beurteilen den Patienten auch anhand einer Reihe von zusätzlichen Untersuchungen:
- Gedächtnistests (z. B. Mini-Mental-Status-Test) und Tests der allgemeinen Funktionsfähigkeit
- medizinische Bildgebung, wie Röntgenaufnahmen, des Gehirns (CT-Scan oder Kernspinresonanz)
b. Multidisziplinäre Funktionsbilanz
Um die Antragsakte zu vervollständigen, wird eine multidisziplinäre Bewertung durchgeführt, an der sowohl der Spezialist als auch der Hausarzt und die ambulante Pflege (oder Pflegeheim falls Patient aufgenommen wurde) beteiligt ist. Es geht darum, für den Patienten einen Vorschlag für die Strukturierung der Pflege und die Unterstützung durch Pflegepersonal zu formulieren.
Seit dem 1. April 2011 werden die neuropsychologische Untersuchung und die „spezialisierte diagnostische Bilanz für Demenz“ zurückerstattet.
b. Beginn der Behandlung
Der behandelnde Arzt reicht einen Rückerstattungsantrag beim beratenden Arzt der Krankenkasse ein.
Der beratende Arzt erteilt schriftlich die Genehmigung zur Rückerstattung des verschriebenen Arzneimittels.
Ein Arzneimittel auf Basis von Memantin kann nur zurückerstattet werden, wenn es in Kombination mit einem Cholinesterase-Hemmer zur Behandlung von mäßig schweren Formen der Alzheimer-Krankheit eingesetzt wird.
c. Weiteres Vorgehen bei einer positiven Rückerstattungsempfehlung
- Allgemein::
- Nach den ersten 6 Monaten kann die Rückerstattung jeweils für maximal ein Jahr verlängert werden.
- Bei jedem Antrag auf Verlängerung der Rückerstattung muss die therapeutische Wirkung bewertet werden.
- Der behandelnde Arzt überprüft regelmäßig die Wirksamkeit von Pflege und Pflegeunterstützung.
Download hier Nachfolgend eine schematische Übersicht des oben beschriebenen Verfahrens.