Für den Partner und die pflegenden Angehörigen ist die Pflege der Person mit Demenz eine Selbstverständlichkeit: „Das würde er auch für mich tun“ oder „Das hat sie auch für mich getan“.

Als Familie will man in guten und schlechten Zeiten füreinander sorgen und man fühlt sich füreinander verantwortlich. Dadurch kann sich die Pflege für den Partner und andere Familienmitglieder als Verpflichtung anfühlen.

Es kommt auch vor, dass das Umfeld diese Erwartungshaltung hat. So entsteht ein beklemmendes Gefühl, wenn deutlich wird, dass es nicht einfach – oder unmöglich – ist, immer für die Person mit Demenz zu sorgen.

Können der Mensch mit Demenz, die pflegenden Angehörigen und professionellesPflegepersonal zu Pflegepartnern werden?

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Das Problem, Selbstbestimmungund Verfügungsgewalt einzubüßen und zu verlieren, scheint vor allem ein Problem des Partners oder der anderen pflegenden Angehörigen zu sein.

Sie fühlen sich oft vom Pflegepersonal bevormundet. Sie haben das Gefühl, dass ihnen ein Großteil ihrer Privatsphäre und Verfügungsgewalt genommen wird.

Wenn man sich die Pflege mit professionellem Pflegepersonal teilen muss, dann muss man einander auch gut verstehen. Es geht um mehr als nur um Kommunikation.

Auch an den Erfahrungen und Wahrnehmungen der Familie teilzuhaben, ist sehr wichtig, insbesondere dann, wenn Hilfsleistungen und vielleicht sogar eine Aufnahme in ein Wohn- und Pflegezentrumerforderlich werden.

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„Es fing mit einer Reinigungskraft einmal wöchentlich an. Jetzt kommt sie zweimal in der Woche, ein Hilfspfleger kommt täglich und zweimal wöchentlich kommt eine Pflegekraft. Das Essen bringt das ÖSHZ.

Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Ich selbst wohne zu weit weg, um meine Mutter täglich zu besuchen. Wir müssen also so viele Dienste wie möglich in Anspruch nehmen. Nur so kann sie in ihrem Zuhause bleiben. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Menschen einen Haustürschlüssel haben.

Am Anfang wehrtemeine Mutter sich gegen so viel Einmischung von außen, aber inzwischen hat sie sich daran gewöhnt. Jetzt genießt sie die Aufmerksamkeit.

Meine Brüder sind damit nicht einverstanden. Sie glauben, dass das viel effizienter geht: Für einen Einpersonenhaushalt muss doch nicht täglich jemand kommen. Einen Spaziergang machen, Kaffee trinken, Karten spielen … dafür bezahlt man doch nicht.

Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird selbstständiges Wohnen zur schwierigen Aufgabe. Glücklicherweise ist bei uns die häusliche Hilfegut organisiert und bezahlbar. Am Anfang wehren sich viele Menschen dagegen. Das ist verständlich: Es konfrontiert sie wieder mit dem Unvermögen, die Zügel selbst in der Hand zu halten. Je weiter das Vertrauen zu den Menschen des häuslichen Hilfsdiensteswächst, desto geringer wird der Widerstand.“

Geschwister, die sich nicht über die Aufgaben der häuslichen Pflege einigen können, sind ein anderes Problem. Es ist sehr wichtig, dass sich alle Betroffenen über dieses Thema austauschen, damit jeder sich selbst und den anderen seine Erwartungen klar macht und diese äußert. Es ist wichtig, dass jeder seine Gedanken über den Bedarf der Mutter formulieren kann. Erst dann können mit einem Dienst der häuslichen HilfeVereinbarungen getroffen werden, hinter denen alle stehen können.

„Ich kümmere mich um meinen Mann, der Demenz hat. Alles alleine zu machen, ist zu schwer für mich. Auf Empfehlungmeiner Kinder haben wir einen Dienst der häuslichen Hilfe eingeschaltet. Wenn die Pflegerin kommt, weiß ich nicht, wie ich mich verhalten soll. Eine fremde Frau, die einfach so in die Privatsphäre unserer Familie eindringt. Ich passe ständig auf, was sie macht und ich finde, dass sie viele Dinge nicht so macht, wie es sein sollte. Auch ihr Ton gegenüber meinem Mann stört mich. Ich weiß, dass ich sie brauche. Ich weiß auch, dass sie versucht, ihre Arbeit gut zu machen. Deshalb traue ich mich nicht, sie zu viel zu kritisieren.“

Jemand, der als Hilfe in Ihren Haushalt kommt, ist natürlich eine Bedrohung. Die sichere Abgeschlossenheit Ihres Zuhauses wird plötzlich ein fast öffentlicher Bereich. Außerdem kann sich niemand so gut um Ihren Partner kümmern wie Sie selbst. Gleichzeitig begreifen Sie aber, dass Sie die Hilfe von diesen Menschen brauchen. Sie befinden sich in einem Abhängigkeitsverhältnis und das ist kein schönes Gefühl.

Vielleicht denkt man nicht sofort daran, aber wenn die Menschen, die in Ihr Haus kommen, ihre Arbeit gut machen, dann haben sie genau die gleichen Zweifel: Welches Benehmen darf ich hier an den Tag legen? Ist meine Pflege denn optimal? …

Es kann hilfreich sein, die Fragen, Zweifel und Erwartungen deutlich zu machen. Ein kleines Ärgernis kann zu einem unüberwindbaren Hindernis werden, wenn man nicht darüber spricht. Auf die Dauer erkennen Sie im kleinsten Detail eine Bestätigung für Ihre Vermutungen: „Siehst du!? Das ist einfach nicht gut.“

Auch wenn Sie Hilfe in Anspruch nehmen, haben Sie weiterhin das Sagen, was im Haushalt oder mit Ihrem Mann passiert. Machen Sie Ihre Erwartungen ruhig deutlich. Warten Sie damit nicht, bis sich ein Grundton von Unzufriedenheit einschleicht.

„Auf ihrem Sterbebett habe ich Mutter versprochen, dass ich mich immer um Vater kümmern werde. Meine Eltern haben sehr viel für mich getan und ich bin dazu verpflichtet, jetzt für sie zu sorgen. Ich fühle mich daher sehr schuldig, wenn ich auch nur daran denke, Vater in einem Wohn- und Pflegezentrumunterzubringen.
Mir wird aber klar, dass ich mein heutiges Tun nicht mehr lange durchhalten kann. Ich habe Angst, in ein schwarzes Loch zu fallen, wenn der Tag kommt.“

Sie haben es eingesehen: Sich um eine Person mit Demenz zu kümmern, ist so schwer, dass man es manchmal nicht alleine schafft. Die häusliche Pflege hat ihre Grenzen. Sich gut um jemanden zu kümmern, heißt nicht, dass Sie alles selbst machen müssen. Sich gut um jemanden zu kümmern, bedeutet vor allem, Verantwortung zu übernehmen, damit der Mensch die für ihn passende Pflege bekommt. Vielleicht müssen Sie hierzu die entsprechenden Dienste eines Wohn- und Pflegezentrumsin Anspruch nehmen.

Das sprichwörtliche schwarze Loch droht dann, wenn Sie heute noch voll in der Pflege stecken und morgen alles abgeben. So muss es aber nicht sein. Auch wenn Sie sich für ein Wohn- und Pflegezentrum entscheiden, können Sie sich noch an der Pflege beteiligen. Sie können mit dem Wohnbereich Ihres Vaters vereinbaren, dass Sie bei den Mahlzeiten, beim Beschäftigungsprogramm usw. helfen.

Sie müssen jetzt nicht mehr alles machen. Sie können sich für Ihre Hilfe also den Aspekt aussuchen, bei dem der Kontakt mit Ihrem Vater Ihrer Meinung nach am optimalsten abläuft. So entsteht eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.

„Mutter wohnt jetzt schon seit einigen Jahren im Wohn- und Pflegezentrum. Manchmal sieht sie ganz glücklich aus, an anderen Tagen ist sie wütend oder traurig. Manchmal ist sie herausgeputzt wie eine Prinzessin, an anderen Tagen läuft sie etwas vernachlässigt durch die Gänge. Ich frage mich, ob denn jeder, der dort arbeitet, seine Arbeit gut macht. Die Bewohner müssen dort einfach alles erdulden. Wer setzt sich für sie ein, wenn es nicht optimal läuft?“

Die Wohn- und Pflegezentrenhaben sich in den vergangenen Jahren massiv weiterentwickelt: Man ist sich des sehr spezifischen Pflegebedarfs von Menschen mit Demenz bewusst geworden. Wenn auch die heutigen Antworten hierauf noch nicht optimal sind, es wird weiter hart daran gearbeitet. Sehr viel Personal wird entsprechend geschult.
Es stimmt aber auch, dass der eine ein Naturtalent in der Pflege ist und der andere etwas mehr Anleitung benötigt.

Das Interesse an der Pflege kann sehr praktisch geäußert werden, z. B. indem man tatsächlich mithilft. Aber auch, indem Sie den Menschen mit Demenz vertreten. Sie sind dann diejenige/derjenige, die/der für sie eintritt. Das geschieht am besten in einer Atmosphäre der gemeinsamen Abstimmung. Halten Sie sich mit dem Beschwerdeformular also erst einmal zurück.

Erwartungen aufeinander abzustimmen, ist immer dieSuche nach einem Gleichgewicht. Menschen fühlen sich schnell angegriffen, missverstanden. Das ist aufgrund der Situation, in der sich alle Beteiligten befinden, ganz normal: Als Familienmitglied haben Sie eine sehr persönliche Beziehung zu dem Menschen mit Demenz, als Mitarbeiter haben Sie eine Arbeitsbeziehung zu dieser Person. Daraus entstehen automatisch Spannungen. Geben Sie also nicht zu schnell auf. Die Pflegevision, die sich die Einrichtung gegeben hat, kann ein Leitfaden sein, um den Ablauf des Alltags auf der Station zu besprechen.

„Am Anfang sind mir die Besuche im Wohn- und Pflegezentrumschwergefallen. Aber langsam fühle ich mich dort zu Hause. Ich kenne das gesamte Personal gut. Mit den anderen Bewohnern und ihren Familien habe ich einen guten Kontakt. Eigentlich sind wir eine große Familie geworden.“

Wenn alle Erwartungen und Gefühle ehrlich und mit Respekt formuliert werden, kann das Zusammenleben in einem Wohn- und Pflegezentrumsehr positive Aspekte haben. Sie sind Leidensgenossen, sie verstehen die Trauer der anderen. Sie lernen voneinander, die Probleme anzugehen. Das schafft unvermeidlich eine Beziehung, aus der Sie später, in möglicherweise noch schwierigeren Momenten, zusätzliche Kraft schöpfen können.

„Vater ist jetzt in der letzten Phase der Demenz. Auch körperlich ist er jetzt sehr krank. Er ist bettlägerig, öffnet seine Augen kaum noch, sagt nichts und isst und trinkt fast nichts mehr. Eigentlich kann ich nicht viel tun, um ihm zu helfen, aber ich verspüre immer noch den Drang, bei ihm zu sein. Es dauert nicht mehr lange, bis er stirbt.“

Der Krankheitsverlauf ist nicht zu stoppen und der Tod ist unabwendbar. Im Verlauf der Krankheit mussten Sie schon viele Verlusterfahrungen machen. Sie haben also eigentlich schon mehrmals Abschied genommen. Obwohl Sie wissen, dass der Tod zum Leben gehört, fällt dieser letzte Augenblick unendlich schwer. Aber in der letzten Phase haben Sie dennoch eine wichtige Aufgabe.

Obwohl Ihr Vater nichts mehr sagt und Ihren Namen nicht mehr weiß, so kann ihm Ihre warme, liebevolle Anwesenheit doch die Ruhe geben, die er braucht, um das Leben loszulassen. Sie können neben seinem Bett sitzen, ihn berühren, seine Hand halten, leise summen, von gemeinsamen Erlebnissen erzählen, seinen Mund mit Wasser anfeuchten … und ab und zu auch loslassen und weggehen.

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